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Zu Beginn eines Elterntrainings mit Triple P steht die gezielte und systematische Beobachtung des kindlichen Problemverhaltens. Lesen Sie, warum es sinnvoll ist, diese Zeit zu investieren, bevor Sie Ihr Verhalten ändern…

Manche Eltern wollen diesen Punkt gern überspringen. Am liebsten wollen sie sofort starten, damit möglichst bald eine Verbesserung im familiären Zusammenleben eintritt.

Und ja, es stimmt: Die Beobachtung des kindlichen Verhaltens macht auch Arbeit und dauert eine Weile. Eine Woche sollte mindestens beobachtet werden, bevor neue Erziehungsfertigkeiten eingebracht werden.

Doch diese eine Woche bringt Ihnen mehr, als jeder schnelle Aktionismus. Denn die systematische Beobachtung hilft Ihnen bei der Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Stimmt Ihre Wahrnehmung?

Keine Frage: Das Verhalten von Kindern kann wirklich herausfordernd und anstrengend sein. Viele Eltern sind sehr gestresst und fühlen sich zum Teil absolut hilflos. Dann kommt es leicht zu verallgemeinernden Aussagen, wie: „Mein Kind macht NIE, was ich sage.“ oder „Er wird IMMER wütend und aggressiv.“ Und „EGAL, was ich mache, nichts hilft.“ Ganz so ist es dann aber meist doch nicht. Durch systematische Beobachtung finden Sie heraus, wie oft, wie lange und in welcher Intensität das Verhalten ihres Kindes tatsächlich auftritt.

  1. Gibt es ein Muster im Verhalten Ihres Kindes?

Manchmal scheint Eltern das Verhalten Ihres Kindes undurchschaubar und vor allem unvorhersehbar. Jeden Tag scheint ein neues Problemverhalten dazu zu kommen. Heute ist es aggressiv, morgen mürrisch. Dann wieder trödelt es, hat keine Lust auch nur irgendetwas zu tun und lässt niemanden an sich ran. Eltern sind ratlos und können sich schlecht auf das Verhalten des Kindes einlassen. Mit der systematischen Beobachtung finden Sie die im allgemeinen Wirrwarr versteckte Regelmäßigkeiten.

  1. Sind Sie richtig konsequent?

Konsequentes Verhalten ist in der Erziehung wichtig. Das wissen auch fast alle Eltern. Manchmal sind die eingesetzten Konsequenzen aber viel zu heftig und schaffen mehr Probleme, als sie lösen. Dies passiert häufig, wenn Konsequenzen erst nach einer Eskalation und in Wut ausgesprochen werden. Am nächsten Tag macht das schlechte Gewissen die Eltern wieder nachgiebiger. Die systematische Beobachtung zeigt Ihnen auch Ihr eigenes Verhalten auf und welchen Einfluss Sie an dieser Stelle auf Ihr Kind haben.

  1. Was sind Auslöser und Gründe für das Verhalten?

Eltern fragen oft, WARUM ihr Kind sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält. Will es seine Eltern ärgern? Ist es hochbegabt? Hat es ADHS oder eine andere benennbare „Störung“? Viele Faktoren wirken auf das Verhalten von Kindern. Manchmal sind sie einfach müde, haben Hunger oder wissen schlicht nicht, was von ihnen erwartet wird. Häufig geben Erwachsene unklare oder gar sich widersprechende Anweisungen. Und auch die Erwartungen von Eltern sind nicht immer realistisch. Nach einer gezielten Beobachtung sehen Sie hier klarer.

  1. Lohnt sich problematisches Verhalten?

Niemand wird ein Kind bewusst für Fehlverhalten belohnen. Manche Reaktionen Erwachsener wirken jedoch genau so: Wer einem im Geschäft jammernden Kind eine Brezel und ein Getränk kauft, darf sich nicht darüber wundern, dass beim nächsten Einkaufen wieder gequengelt wird. Auch lange Diskussionen und Schimpfen können durch die geschenkte Aufmerksamkeit wie eine Belohnung wirken und so dazu beitragen, dass sich das Fehlverhalten festigt. Die Beobachtung hilft Ihnen festzustellen, ob Sie auch gelegentlich in diese Erziehungsfalle tappen.

  1. Welches sind Ihre persönlichen Risikosituationen?

Es lohnt sich wirklich einmal genau hinzuschauen, zu welchen Zeiten das Fehlverhalten Ihres Kindes verstärkt auftritt. Morgens, direkt nach dem Aufstehen? Nach dem Kindergarten oder der Schule? Oder gar am Wochenende? Manchmal sind es bestimmte Situationen, in denen das Fehlverhalten immer wieder auftritt. Wenn Besuch kommt zum Beispiel. Oder wenn Sie mit Ihrem Kind irgendwo länger warten müssen. Einkaufen und längere Autofahrten empfinden viele Eltern als sehr anstrengend. Gezielte Beobachtung hilft Ihnen, Ihre ganz persönlichen „Risikosituationen“ zu erkennen. 

  1. Kommen Sie Ihrem Ziel näher?

Eltern im Training haben ein Ziel: Das Verhalten des Kindes soll sich verbessern. Was auch immer das im Einzelfall heißt. Manchen Eltern kann es gar nicht schnell genug gehen. Da soll ein Verhalten, das sich über Monate, wenn nicht Jahre eingeschlichen hat, über Nacht verschwinden. Und kleine Schritte der Verbesserung werden anfangs gern mal übersehen. Dabei wäre es so wichtig, ein Kind an diesen Stellen zu loben. Durch die systematische Beobachtung werden auch geringe Fortschritte sichtbar gemacht.